Getrüffelte Sellerie-Rohkost auf Apfel-Carpaccio - Blindes Huhn findet Trüffel


Ja, auf dem Trüffelauge war ich bisher blind - jedenfalls was die "echten" Trüffeln betrifft. Die ohne Schokolade. Ein Versuch vor Jahren, weil ich einem Trüffelfreund eine Freude machen wollte. Irgendwas mit Pasta und Trüffel-Sahne-Sauce. Hat geschmeckt, so weit ich mich erinnern kann - aber nicht nach Trüffel. Keine Ahnung, was ich falsch gemacht hatte oder an der Trüffel* falsch war - jedenfalls gabs danach nie wieder welche. Ehrlich gesagt: Ich habe nichts vermisst in all den Jahren.
* Laut Duden heißt es entweder eine Trüffel / zwei Trüffeln oder (umgangssprachlich) ein Trüffel / zwei Trüffel. Ich habe die beiden Formen bisher fröhlich gemixt. Da mir der Plural "Trüffeln" besser gefällt, habe ich mich nun für die korrekte Einzahl "die Trüffel" entschieden.

Nun aber kommt Claudia mit ihren exquisit ausschauenden Trüffelerlebnissen - in deutscher Sprache hier und auf Englisch hier. Und ich werde schwach. Nun habe ich hier, wo ich neuerdings wohne, den Trüffelkauf in einem Laden gar nicht erst versucht und gleich im Internet danach gefahndet. Und es hat funktioniert.

Vorgestern kam das Päckchen an und ich war stolze Besitzerin zweier Bianchetti und zweier Périgord-Trüffeln. Der Duft, der aus der Kiste strömte, war umwerfend. Und ich ein wenig nervös. Noch hatte ich gar keine genaue Vorstellung, was ich damit machen wollte.

Als erstes hab ich die knolligen Dinger aus der Verpackung genommen, ordnungsgemäß in Küchenpapier gewickelt und in eine luftdichte Dose gegeben. Hinzu gesellt habe ich zwei Eier (mehr hatte ich gerade nicht), einen milden Ziegencamembert und einen Roucoulons (schön beschrieben - auf Englisch - in der Cheese Library). Von dem Camenbert habe ich heute morgen gegessen - und ich fing an zu ahnen, warum manche Leute so auf Trüffeln stehen.

Eigentlich hatte ich ja vor, die Familie zum Osterbrunch mit Irgendwas von Trüffeln zu beglücken. Dann aber las ich "Wissenswertes über Trüffel" - und bekam einen gehörigen Schreck. Da heißt es:
Die Trüffel sollten so bestellt werden, dass sie nur einen Tag vor dem Essen oder am Tag des Essens geliefert werden, da Trüffel, die älter als drei Tage sind, jeden Tag ein wenig Aroma verlieren. Nach 10 – 14 Tagen sind sie dann mausetot.
Der Anliefertag war Mittwoch. Dienstags erhält der Versender nach eigenen Aussagen die Ware. Spätestens Montags, wohl eher Sonntags also werden die Dinger geerntet. Und der Osterbrunch ist ebenfalls am Sonntag - leider mindestens sieben Tage nach Ernte und damit drei Tage vor Mausetot. Ogott.

Also habe ich gestern alle vier Trüffeln auf einmal - nein, nicht gegessen, sondern - verarbeitet. Je einen Bianchetti und Périgord habe ich einfach in je ein Glas gegeben und mit Olivenöl bedeckt. Irgendwo hatte ich gelesen, dass man sie drei Tage bei Licht und Zimmertemperatur stehen lassen soll - und dann ab in die Kälte. Noch also stehen sie im Küchenregal und ich muss mich schwer beherrschen, nicht alle Stunde den Deckel zu lupfen und hineinzuriechen. Deren Lebenszeit ist also erstmal verlängert.

Blieben noch zwei. Was tun, um das Aroma möglichst weitgehend zu erhalten? Trüffel Nr.1 (Périgord) ist in einer Trüffelbutter aufgegangen, Trüffel Nr.2 (Bianchetti) in einer Trüffel-Mayonnaise. Gerettet. Nun kann ich in Ruhe überlegen, was ich damit am Sonntag anstellen werde. Das heißt, die Verwendung der Mayonnaise ist seit heute Morgen klar. Die Eingebung kam, als ich den Sellerie für mein Frühstück raffelte. Ich wollte nämlich Sellerie-Apfel-Rohkost essen. Die Anregung dazu war mir gestern Abend über den Weg gelaufen, als ich in einem Anfall von Wahnsinn anfing, die liebenswertesten Rezepte aus meinen Bioladen-Magazinen zu archivieren (digital selbstverständlich, damit ich sie verschlagworten und damit wiederfinden kann). "Sellerie-Apfel-Rohkost mit Senfdressing" fand ich im Demeter Journal (Heft 16 2012). Und während ich raffelte, dachte ich mir, dass ich mir ja eigentlich auch - nach dem vorangegangenen einstündigen Schneeschaufeln - ein wenig von der Trüffelmayonnaise verdient hätte. Und dann war sie geboren, die unglaublich leckere

Getrüffelte Sellerie-Rohkost auf Apfel-Carpaccio


Zutaten (alles Bio, nur die Trüffeln brauchen ein solch profanes Siegel natürlich nicht ;-)

Mayonnaise
(einen Tag vorher zubereiten! 100 g davon habe ich für die Trüffel-Mayonnaise verwendet, den Rest zu Bärlauch-Mayonnaise verarbeitet - das Grundrezept habe ich hier geklaut)

  • 200 ml Olivenöl
  • 1 ganzes Ei
  • 1 TL Dijon-Senf
  • Salz, Pfeffer
  • 1 El. Zitronensaft
  • 1 kräftige Pr. Rohrohrzucker
  • 1 Bianchetti-Trüffel (13,7 g)
Rohkost (für eine Portion)
  • 1/4 rotschaliger Apfel
  • etwas Zitronensaft
  • 1/2 kleinere Sellerieknolle
  • 1 Tl. Zitronensaft
  • 1 geh. Teelöffel Trüffel-Mayonnaise
  • 1 Tl. Walnussöl
  • 1 Pr. Tonkabohne, Salz
  • frisch gemahlener Szechuan-Pfeffer
  • Kokosblütenzucker (oder Vollrohrzucker)
Zubereitung
  1. Für die Mayonnaise alle Zutaten bis auf die Trüffel mit dem Zauberstab (Quirlscheibe) zu einer homogenen Masse verschlagen. 100 g davon abnehmen (den Rest anderweitig verwenden, z.B. für eine Bärlauch-Mayonnaise).
  2. Trüffel mit einem großen scharfen(!) Messer so fein wie möglich wiegen (hacken) und mit der Mayonnaise verrühren. Abschmecken und mindestens über Nacht in einem gut verschließbaren Glas im Kühlschrank durchziehen lassen.
  3. Für das Carpaccio das Apfelviertel mit dem Trüffelhobel so dünn wie möglich hobeln. Die Scheiben dekorativ anrichten und mit wenig Zitronensaft bepinseln, damit sie nicht braun werden. (Ich verwendete dazu die ausgepresste Zitronenhälfte - rieb den Pinsel immer wieder darin ein und strich damit über den Apfel. Soll ja nicht zu sauer werden.)
  4. Sellerie fein raspeln und gründlich mit dem Zitronensaft vermischen. 
  5. Mayonnaise, Öl, Tonkabohne (Geschmack erinnert mich an Vanille und Bittermandel, lässt sich gut auf der Muskatreibe reiben), Szechuan-Pfeffer (ist kaum scharf, hat ein tolles zitronig-korianderartiges Aroma, sollte immer erst kurz vor dem Servieren dazugegeben werden) und Salz zum Sellerie geben und gründlich vermengen (ich nehme dazu eine Gabel). Abschmecken (und schonmal in Vorfreude schwelgen).
  6. Sellerie auf den Apfel-Carpaccio setzen (ich nahm dafür eine Mokkatasse zu Hilfe, stopfte den Sellerie bis zum Rand hinein und stürzte das Ganze beherzt direkt auf den Apfel - Glück gehabt ;-) 
  7. Nun noch mit Kokosblütenzucker bestreuen (schmeckt ähnlich karamellig wie Vollrohrzucker, aber noch etwas intensiver).
Guten Appetit!

Nachtrag [30.03.2013]: Angeregt durch Nachfragen in den Kommentaren (siehe unten) gibts hier noch ein Foto von der Bärlauchmayonnaise - sozusagen als Beweis, dass sie auch wie eine "anständige" Mayonnaise aussieht. Die Trüffelmayonnaise wollte ich nicht extra in Szene setzen, weil ich Angst um ihr kostbares Aroma hatte ;-)


Nachtrag Nr. 2 [02.04.2013]: Und so sah der trüffelige Sellerie am Ostersonntag aus
(dieses Mal für 4 Personen) - gestürzt mit Hilfe einer Müslischale (hat genauso gut geklappt) und fotografiert mit dem Smartphone vor dem Bestreuen mit Kokosblütenzucker.




Und nun: Lasst uns über Trüffeln sprechen! Ich kann endlich mitreden:


Kommentare

  1. Ah, endlich ist das Rätsel gelüftet! Du Glückliche. Ich hab' mich mit Trockenpilzen begnügt ;-) waren aber auch köstlich. Wenn ich nach Ostern endlich wieder radeln kann, werde ich mich auf ins Frischeparadies machen und hoffentlich noch einen Bianchetti ergattern. Mehr gibt das Budget zur Zeit nicht her. Und die Mayo ist bei dir so tatsächlich fest geworden? Ich frag' nur, weil ich sie schon mehrmals so hergestellt habe und sie nie fest genug wurde... Hier ist zum Glück kein nenneswerter Neuschnee gefallen, dafür präsentiert sich der Himmel angenehm deperessiv grau Ton in Ton, aber für nächstes Wochenende versprechen die Meteorologen Besserung... wer' glaubt. Dir ein schönes Osterwochenende mit Familie!

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    1. Trockenpilze? Herbsttrompeten! Deine Ravioli damit habe ich schon bewundert. Sehen klasse aus. Herbsttrompeten hatte ich noch nie, du hast mich aber sehr neugierig gemacht.
      Und ja, die Mayonnaise ist sogar sehr fest geworden. Als ich gestern diesen Beitrag fertig hatte, fiel mir auf, dass ich gar kein Foto von der Mayonnaise dabei hatte. Und mein erster Impuls war: "Hoffentlich denkt jetzt niemand, die sei in Wahrheit nichts geworden," ;-) Ich wollte aber das Aroma der Trüffeln nicht unnötig strapazieren und habe deshalb auf das Foto-Shooting verzichtet, Werde aber im Laufe des Tages noch ein Foto von der Bärlauch-Mayonnaise liefern - und garantiere hiermit feierlich, dass keinerlei über oben genannte Zusätze für die perfekte Konsistenz verantwortlich sind.
      Und auch dir ein paar schöne Ostertage - ich werde mich heute samt Trüffelmayo und -butter auf den Weg nach Hamburg machen.

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    2. Echt, du kommst zu uns ;-) nach Hamburg... wir haben immerhin einige Sonnenstrahlen! Ok, dann werde ich wohl einen neuen Versuch mit der Mayo machen. Meine ist wirklich (auch mit Turbozauberstab) nie fest geworden. (Herbsttrompeten gibt's übrigens bei Galeria am Hauptbahnhof :-)).

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    3. Ich habe ja bis vor einem halben Jahr selber noch in Hamburg gelebt (35 Jahre lang - keines zuviel und keines zu wenig). Sonne wär gut! Hier schneits immer noch schon wieder ununterbrochen...

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    4. Ich hoffe, dass es bei mir nicht viel mehr als fünf werden ;-) Eine Lochscheibe habe ich leider nicht... vielleicht liegt's daran. Heute Abend gibt's jedenfalls Sushi (für die Gäste) und Sybilles Seidentofucreme. Sonne war dann leider schnell wieder weg. Wünsche dir einen schönen Abend!

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  2. Bin zwar gerade gar nicht hungrig, aber der Trüffelduft hat meine einschlägige Lust geweckt. Bisher war ich ja Trüffelmuffel (welch Wort!), aber das wird sich vermutlich nach dieser Lektüre ändern. Danke!
    Eine dringende Frage hab ich aber an Dich: Mit dem Zauberstab funktioniert die Blitzmayonnaise wirklich? Nicht tröpfchenweise Öl beigeben, sondern rein ins Volle? Hab den Zauberstab noch nicht lange und fände es berauschend, wenn diese blöde Tröpfelei erspart würde.
    Hab schöne, trüffelige Osterfeiertage!

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    1. Liebe Susanne, freut mich sehr, von dir hier zu hören. Nebenbei bemerkt: Habe inzwischen daran gedacht, Makkaroni zu kaufen - aber nur gedacht. Denn: Bisher habe ich sie in der Vollkorn-Edition nicht gefunden. Werde also wohl deinen Pastitio-Tipp mit Penne ausprobieren und dann eben auf die tolle Schichtung verzichten.
      Zum Thema Mayonnaise und Festwerden siehe meine Antwort auf Kochpoetins Kommentar oben. Der Zauberstab trägt - wie ich finde - seinen Namen zu Recht. Selbst diese Curry-Mango-Mayonnaise schlägt er (fast zu) fest - ganz ohne Ei: http://antje-radcke.blogspot.de/2013/02/ofengemuse-mit-curry-mango-mayonnaise.html
      Genieße die Ostertage! (im Garten wohl eher nicht?)

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  3. Hallo zusammen! Eure Nachfragen (danke!) habe ich zum Anlass genommen, noch ein Foto von der fertigen Mayonnaise zu liefern (siehe oben). Noch ein Hinweis zu meiner Zubereitungsmethode: Ich mache das relativ oft und es klappt jedes Mal - allerdings nehme ich dazu immer(!) die Quirlscheibe, nicht das Multifunktionsmesser. (Die Quirlscheibe ist die mit den Löchern.)

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  4. Mit Trüffeln hatte ich bisher ja so gar nichts am Hut.
    Deine Rezepte begeistern mich jetzt aber allesamt.
    Am tollsten finde ich aber das Öl. Ich könnte mich auch nur schwer beherrschen..
    Liebe Ostergrüße
    Sybille

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    1. Oh ja , auf das Öl freue ich mich auch - werde es nach Ostern wohl erstmal ganz schlicht mit Pasta probieren. Die Osterbrunch-Gesellschaft war vom Trüffel-Sellerie begeistert - und mir fällt ein Stein vom Herzen. Wäre ja blöd, etwas zu posten, was einem selbst zwar schmeckt, aber die Gäste eher kalt lässt ;-) Und wie vermutet: Es sind genügend Eier übrig, um deinen Kaiserschhmarrn auch noch zu realisieren ;-)

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  5. Liebe Antje, sehr spät, aber herzlich möchte ich sagen, was für ein supertolles Rezept Du da kreiert hast. Auf die Trüffel-Sellerie-Verbindung wäre ich nie gekommen, aber sie leuchtet mir sofort ein. Vielen lieben Dank für Deinen tollen Beitrag! Ich hoffe sehr, dass Du und Deine Gäste auch mit all Deinen anderen Trüffel-Kreationen hoch zufrieden wart. Lieben Gruß!

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    1. Liebe Claudia, herzlichen Dank für deinen tollen Kommentar. Nachdem ich ja nun jahrelang gar nichts mit Trüffeln anzufangen wusste, sprudeln jetzt die Ideen. Du hast mich da auf eine Spur gebracht, die ich in der nächsten Trüffelsaison bestimmt wieder aufnehmen werde.
      Nun aber habe ich ja noch zwei Trüffelöle - die allerdings so köstlich (kostbar) riechen, dass ich mich kaum traue, sie zu verwenden ;-)
      Und die Trüffelbutter, die ich oben erwähnte, wurde über Ostern restlos schlicht und einfach mit frischgebackenem Brot verspeist (ich hatte 100 g Butter mit einer schwarzen Trüffel und etwas Salz vermischt - damit konnten wir viiiele Scheiben Brot aromatisieren).

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