Zauberhafter Zucker

Zucker macht glücklich, dick und nicht selten krank.
Dieses ist die erste Zeile eines aktuellen Hintergrundartikels auf SPIEGELonline. Das Thema kam mir sehr bekannt vor, hatte ich darüber doch Mitte Dezember 2011 in der natur&kosmos schon gelesen. Damals verspürte ich den Impuls, - gegen den Trend in der Zeitschrift - meine Leidenschaft für Süßes auch in einem Blogpost auszutoben. Bin ich irgendwie nicht dazu gekommen (hab wahrscheinlich zu viel Zeit mit Keksebacken und Konfektherstellung verbracht).

Als ich den gleichen Artikel nun heute noch einmal las, wusste ich, was zu tun ist: Eine Verteidigungsrede für den Zucker schreiben. Denn: Ich bin nicht dick, nur selten krank und ein glücklicher Mensch. Und ich beginne meinen Tag mit zwei Tassen Kaffee und selbstgebackenen süüüßen Keksen.

im Uhrzeigersinn: Demerara-Zucker (unten Mitte), Stevia, Vollrohrzucker, Roh-Rohrzucker, Birnendicksaft, Apfelsüße, Ahornsirup, Honig, Agaven-Dicksaft (Mitte) - nicht im Bild: Kokosblütenzucker (siehe unten)

Wenn von Zucker die Rede ist, denken alle an den weißen Haushaltszucker, der laut Focus für 85 Cent pro Kilo beim Discounter zu haben ist. Wenn ich an Zucker denke, habe ich alles Mögliche im Sinn, nur nicht diesen. Das letzte angebrochene Paket mit weißem Zucker habe ich vor ziemlich genau 27 Jahren verschenkt.

Und ich beantworte mir die Frage, ob Zucker Nahrungs- oder Genussmittel ist, eindeutig zu Gunsten des Genussmittels. Ich genieße ihn in großer Vielfalt - aber immer Bio und immer in Verbindung mit anderen leckeren und vollwertigen Zutaten (wertvolles Mehl, Obst, Müsli, Quark, Sahne, Joghurt, Frischkäse, Salat etc.).


Demerara-Roh-Rohrzucker schmeckt leicht nach Karamell. Hier habe ich ein schönes Rezept gefunden (auch schon ausprobiert): Marokkanischer Orangensalat mit Granatapfel. Passt zur Jahreszeit - bis auf die Minze vielleicht (meine im Indoor-Garten zeigt allerdings bereits die ersten brauchbaren Blättchen). Die Orangen habe ich filetiert und je nach Größe der Filets halbiert oder ganz gelassen. Wer sich über Walnussöl im Obstsalat wundert: Erstens schmeckt es köstlich, zweitens soll es gesund sein.


Stevia ist eigentlich kein Zucker sondern die gemahlenen getrockneten Blätter der Stevia-Pflanze. Dieses Pulver besitze ich nur aus Neugierde, da die Pflanze ja ein echtes Politikum ist (spielt  auch eine Rolle in dem o.g. SPIEGEL-Artikel). Stevia habe ich sogar schon mal selbst angebaut (leider hat die Pflanze nur eine Saison gelebt). Aber als Süßungsmittel schmeckt sie mir nicht wirklich - wahrscheinlich, weil sie keine Kalorien hat ;-) Rezepte habe ich hier gefunden, aber nicht ausprobiert.
[15.01.2014] Stevia gibt es längst als schneeweißes hochkonzentriertes Pulver - es soll angenehmer schmecken. Ich verwende es aber nicht.



Vollrohrzucker war mein erster "alternativer" Zucker überhaupt. Als ich 1985 meine Ernährung komplett verändert habe, gabs als Süßungsmittel nur Honig und "Ursüße" (im Reformhaus). Die Ursüße gibts immer noch - ich kaufe sie allerdings unter der Bezeichnug "Vollrohrzucker" im Bio-Supermarkt. Ich benutze ihn sehr gern, um pikanten Gerichten einen kleinen süßen Kick zu geben - z.B. wenn ich nach indischer Art koche. Sehr lecker ist diese "Pikante BBQ-Sauce", die selbstverständlich nicht nur zu Fleisch passt.


Roh-Rohrzucker ist am ehesten vergleichbar mit dem gewöhnlichen weißen Haushaltszucker. Er ist leicht karamellfarben und sorgt dafür, dass auch "weiße" Süßspeisen farblich immer einen warmen Unterton erhalten. Ich mahle mittels elektrischer Kaffeemühle bei Bedarf auch Puderzucker. Hier ein Rezept für superleckere Kekse: Vanille-Orangen-Sandgebäck. In meiner Version verwende ich Vollkornmehl und zusätzlich 100 g gemahlene Mandeln (oder Kastanienmehl), dafür dann 225 g Butter, 125 g Puderzucker, 1 ganzes Ei.


Apfelsüße ist eine relativ junge Entdeckung von mir - die erste Flasche geht jetzt langsam (aber sicher) zur Neige. Dieser Sirup enthält wenig Saccarose, dafür umso mehr Fruchtzucker. Ich benutze ihn gern für Obstsalate und Süßspeisen, bei denen die Farbe "Reinweiß" mal zur Geltung kommen soll. Den Gurkensalat (nach Tim Mälzer) süße ich mit Apfelsüße - und weil ich wässrigen Gurkensalat nicht mag, halbiere ich die Gurken und kratze die Kerne heraus, bevor ich sie hobele.



Schon mal Schlagsahne mit Ahornsirup gesüßt? Köstlich. Wie so vieles, was man mit Ahornsirup süßen kann. Die bekanntesten Speisen sind sicher Pfannkuchen, Pancakes, Poffertjes,... Sehr lecker auch zu Obstsalat und extrem lecker in Walnuss-Ahornsirup-Keksen. Auch hier kommt bei mir Vollkornmehl zum Einsatz, allerdings nehme ich nur 250 g und stattdessen 100 g gemahlene Walnüsse. Vorsicht: Die Kekse laufen extrem weit auseinander beim Backen.


Birnendicksaft (oder auch Apfeldicksaft) ist dunkelbraun und hat einen leicht säuerlichen Beigeschmack. Ich nehme ihn gern für Salatdressings zu dunklen Salaten wie z.B. Ruccola, Feldsalat oder Spinat. Hier meine Dressingvariante (ohne Mengenangaben, da ich Salatsaucen immer nach Gefühl zubereite): Dijon-Senf, Birnendicksaft, Walnuss- oder Rapsöl (kaltgepresst), frisch gemahlenen Pfeffer und Salz gründlich verrühren und danach langsam den Essig (Rotweinessig, Balsamico) unterschlagen. Abschmecken.


Honig habe ich lange Zeit nur sparsam genossen, nachdem ich zu Beginn meines Vollwertzeitalters (1985) nahezu alles mit Honig gesüßt habe - notgedrungen, weil es damals kaum eine Alternative gab. Jeder Kuchen wurde irgendwie zum Honigkuchen. Heute verwende ich Honig zum Backen nur, wenn es wirklich Honigkuchen werden soll. Mein Favorit ist der recht herbe Kastanienhonig - und zwar so: Ziegenkäse mit karamellisierten Walnüssen (zum Karamellisieren: Roh-Rohrzucker). Außerdem will ich demnächst einmal den Bier-Honig-Senf herstellen (Rezept auf englisch). Auch mein Himbeer-Sahne-Eis schmeckt mit Honig wunderbar.


Agaven-Dicksaft ist eine recht neutrale Süße - nicht ganz so "weiß" wie Apfelsüße, aber doch recht hell. Ich verwende ihn überall da, wo eine unaufdringliche Süße gefragt ist, z.B. in Süßspeisen, Dressings, Obstsalaten oder zum Abschmecken von pikanten Gerichten, z.B. diesen Paprika-Dip oder diese Agavensirup-Sesammarinade (im Originalrezept für Bio-Fleisch gedacht - ich nehme sie für Tofu).
[22.07.2013] Inzwischen gibt es auch dunklen Agaven-Dicksaft in Rohkostqualität - ich verwende ihn für die Zubereitung von Gerichten mit ausschließlich rohen Zutaten.
[15.01.2014] Nun gibt es auch noch streufähige schneeweiße "AgavenSüße". Es handelt sich hierbei um eine Mischung aus getrocknetem Bio-Agaven-Dicksaft plus 6% Maltodextrin. Eigentlich brauchte ich gar kein weiteres Süßungsmittel, aber aus Neugierde habe ich es doch gekauft. Nun verwende ich ihn zwar selten aber gern - nämlich in Speisen, die wegen der Optik reinweiß bleiben sollen, allem voran natürlich Schlagsahne.


[22.07.2013] Und noch eine Neuentdeckung: Kokosblütenzucker - gewonnen aus dem Nektar der Kokospalmenblüten. Er ist relativ grobkörnig, schmeckt süßlich-karamellig und erinnert mich an das Aroma des Vollrohrzuckers (siehe oben). Die Händler, die diesen Zucker anbieten, preisen den Zucker in höchsten Tönen - vor allem wegen der zahlreichen Vitamine, Mineralien und Antioxidantien. Wer darauf Wert legt und mit dem Begriff etwas anfangen kann: Kokosblütenzucker verfügt über einen niedrigen "glykämischen Index" (d.h. er gelangt nicht so schnell in den Blutkreislauf). Ich habe ihn z.B. hier verwendet: Getrüffelte Sellerie-Rohkost auf Apfel-Carpaccio, Gemüsepfanne 5-1+1 mit frittiertem Sesam-Mozzarella, Chakalaka-Pfanne mit Schellfisch (oder Tofu) und Hirse


[30.07.2015] Was ich unbedingt noch hinzufügen möchte: Datteln und Dattelsüße (getrocknete, gemahlene Datteln). Mit Datteln süße ich momentan recht häufig. Ich liebe die karamellartige Note und die hohe Süßkraft. Marmeladen zum Beispiel produziere ich nur noch frisch für den Sofortverzehr aus pürierten Früchten - in dem Fruchtmus lasse ich dann ein paar Datteln einige Stunden einweichen. Anschließend wird das Ganze noch einmal püriert - fertig ist eine köstliche Marmelade. Die seit neuestem als Pulver erhältliche "Dattelsüße" ist eine gute Alternative - deren Süßkraft kommt aber dann am besten zur Entfaltung, wenn auch sie vor dem Verzehr zunächst etwas länger Feuchtigkeit ziehen durfte, da Datteln sich offensichtlich nicht staubfein mahlen lassen. Aber ich bin froh, dass es das gibt - schließlich ist es (außer Honig) das einzige Süßungsmittel, das komplett naturbelassen bleibt. Meine Rezepte mit Datteln als Süßkraft: Holunderblüten-Pudding, Walderdbeer-Konfitüre, Erdbeer-Chutney und Rhabarber-Weißdorn-Creme.

Hier gibt es eine ergänzende Linkliste von mir zum Thema Zucker.

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