Wilde Kräuter: Würziges aus Knoblauchsrauke

Würzpaste und Brotaufstrich


Früher - also vor 2 1/2 Jahren, als ich noch in Hamburg lebte - habe ich auf die Frage, welche Jahreszeit mir am besten gefällt, immer geantwortet: ALLE. Und das meinte ich auch so. Heute beantworte ich die Frage anders: FRÜHLING.
Mit dem großen Garten hinterm Haus und dem riesengroßen Wald rund ums Dorf sehe ich die Welt mit anderen Augen. Und im Frühling sehen diese Augen täglich so unendlich viel Neues. Überall beginnt es zu sprießen und zu grünen, auszuschlagen, zu wachsen und zu blühen, zu flattern, zu huschen und zu tirilieren.

Mein Leben richtet sich momentan nach der Wettervorhersage: Scheint heute die Sonne und ist für morgen und übermorgen und überübermorgen trübes Wetter angesagt, schmeiße ich all meine Pläne um und gehe raus - in den Garten oder in den Wald. Von einem meiner letzten Waldspaziergänge hat Google+ unaufgefordert aber herzallerliebst eine kleine Bildergeschichte mit meinen Fotos von Vögeln, Mäuschen und Pflanzen zusammengestellt. Die macht so richtig gute Frühlingslaune.


Nachdem der Bärlauch ja bereits seit Wochen meinen Speiseplan bereichert, erwachen nun nach und nach auch all die anderen Wildkräuter aus dem Winterschlaf. Mein - nach dem Bärlauch - zweitliebstes Wildkraut ist die Knoblauchsrauke. Sie schmeckt leicht aber deutlich nach Knoblauch und ist mit dem Bärlauch (auch botanisch) nicht zu vergleichen. Bei Wikipedia ist die Pflanze sehr gut beschrieben - allerdings sehen die Blätter jetzt im Jungstadium noch so aus wie hier auf meinen Fotos (länglich spitz, wie bei Wikipedia zu sehen, werden sie erst später).


In den letzten beiden Jahren hatte ich mich darauf beschränkt, von der Knoblauchsrauke lediglich Blätter und Blüten zu verzehren. Weil mir aber mein hervorragendes Kräuterbuch "Essbare Widpflanzen" (inklusive App für unterwegs) erzählt, dass auch Samen und Wurzeln nicht nur essbar sondern sehr aromatisch und würzig sind, habe ich mich also weiter vorgewagt - und im vergangenen Herbst die Samen geerntet. Sie schmecken scharf senfartig und leicht bitter. Ich hatte etwa 30 g gesammelt - eine Größenordnung, mit der ich auch etwas Größeres anstellen wollte. Im Kräuterbuch wird vorgeschlagen, sie zu einer Art Senf zu verarbeiten. Ich bewahrte sie erstmal auf.


In diesem Jahr dann las ich mir nochmals das entspechende Kapitel im Kräuterbuch durch - und erfuhr, dass auch die Wurzeln essbar und sehr schmackhaft sein sollen. Nun habe ich immer große Hemmungen, Wildpflanzen samt Wurzeln herauszureißen. Das heißt, ich habe es sogar noch nie gemacht. Ich pflücke Blätter und Blüten oder sammele Samen und Früchte - aber eine Pflanze gleich ganz ausreißen? Nee. Nun aber war ich auf die Wurzeln der Knoblauchsrauke extrem neugierig geworden. Und als ich gestern durch den Wald stiefelte und die riesigen mit Knoblauchsrauke bedeckten Flächen sah, habe ich zwei Pflänzchen samt Wurzeln stibitzt. 


Und ich war überrascht, wie genau die Beschreibung im Buch den tatsächlichen Geschmack der Wurzeln traf: Die Wurzel schmeckt wirklich so ähnlich wie Meerrettich. Und ich liebe Meerrettich.

Nun war mir auch klar, was ich mit den Samen anstellen wollte. Sie sollten samt Blättern und Wurzeln zu einer scharfen Würzpaste - also senfähnlich - verarbeitet werden. Das Ergebnis ist köstlich. Jedenfalls nach dem Urteil meiner eigenen Geschmacksnerven. Denn eines will ich nicht verschweigen: Die meisten von uns sind die kräftigen, oft leicht bitteren, Noten in vielen Wildkräutern ja gar nicht gewöhnt. Viele kennen es vom Bärlauch: Auf der einen Seite schwärmen die ausgesprochenen Bärlauch-Liebhaber/innen davon, quasi "süchtig" nach Bärlauch zu sein und ihn in der Saison beinahe täglich zu essen (so wie ich). Andererseits schmeckt er vielen zu heftig, der Nachgeschmack wird als eher lästig  empfunden - und Durst macht er auch noch. Ja, das geht auch mir zu Beginn jeder Saison so. Aber weil ich das Aroma (und die gesundheitlichen Wirkungen) so sehr schätze, esse ich ihn trotzdem regelmäßig. Und siehe da, nach ein paar Tagen ist der Nachgeschmack veschwunden, das Durstgefühl hält sich in Grenzen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wer Knoblauchsrauke einmal probieren möchte, sollte vielleicht nicht gleich mit meinem Rezept für die Würzpaste beginnen. Lieber erstmal den Geschmack der Blätter und Blüten erkunden (ein Pesto aus Knoblauchsrauke z.B. schmeckt hervorragend), und dann vielleicht im Herbst ein paar Samen aufs Butterbrot streuen oder über eine Gemüsepfanne mahlen. Wer aber sowieso schon jahrelang Wildkräuter verzehrt, braucht diese Gewöhnungskur sicher nicht mehr.

Die Würzpaste lässt sich genauso verwenden wie (scharfer) Senf - und wie Senf sollte sie auf keinen Fall mitgekocht werden, da ansonsten das ganze wunderbare Aroma flöten geht (ein Rezept für einen feinen Brotaufstrich aus Pastinake und Würzpaste aus Knoblauchsrauke siehe unten). Und wer keine Samen von der Knoblauchsrauke zur Hand hat (wer hat sowas schon vorrätig?), ersetzt diese erstmal durch gelbe Senfkörner.



Würzpaste aus Knoblauchsrauke

ergibt ein Glas mit ca. 200 ml Inhalt

30 g Blätter von der Knoblauchsrauke
waschen und vorsichtig trockenschleudern. Mit 
40 g Fichtenspitzenöl (ersatzweise Oliven- oder Rapsöl)

und
1/2 - 3/4 gestr. TL Salzin einen hohen schlanken Rührbecher geben und mit dem Zauberstab (Pürierstab) zu einer Paste verarbeiten. Die
Wurzeln von zwei jungen Knoblauchsrauken-Pflanzengründlich waschen und abbürsten (bis sie nahezu weiß sind), evtl. putzen und sehr fein schneiden. Wurzelstückchen zusammen mit
20 g Samen von der Knoblauchsrauke (ersatzweise 30 g gelbe Senfkörner)in einer elektrischen Mühle so fein wie möglich mahlen (aber darauf achten, dass das Ganze dabei nicht zu warm wird, damit sich die Senföle nicht verflüchtigen). Mischung mit der Paste im Rührbecher verrühren.
2 TL Apfelessig,
1/2 TL frisch abgeriebene Zitronenschale (oder 2 Tr. äth. Zitronenöl)

und soviel
Apfelsaftunter die Paste rühren, dass das Ganze eine senfähnliche Konsistenz erhält.


Brotaufstrich aus Pastinake und Knoblauchsrauke



1 Pastinake (ca. 300 g)waschen, schrubben, schälen und in grobe Würfel schneiden.
2-3 EL Olivenölerhitzen und die Pastinakenwürfel darin anbraten, bis sie leicht gebräunt sind.
1 geh. TL Gemüsepulver (oder 1 EL fein gewürfeltes Suppengemüse)


über die Pastinaken geben und kurz mitrösten.
100 ml Wasserangießen und alles bei milder Hitze solange dünsten, bis die Pastinakenstücke sich mit einem Holzlöffel zerteilen lassen und das Wasser weitgehend verdampft ist. Abkühlen lassen, in einen schlanken hohen Rührbecher geben und mit dem Zauberstab (Pürierstab) fein pürieren.
Salz nach Geschmack,
2 geh. TL Würzpaste aus Knoblauchsrauke (Rezept siehe oben)

sowie
1 TL Zitronensaftzufügen und gleichmäßig unterrühren. Im Kühlschrank aufbewahren.
Schmeckt köstlich z.B. zum Harzer Sodabrot mit Haselnüssen und Bärlauch.

Guten Appetit!

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Kommentare

  1. Ich mag Knoblauchrauke auch sehr gern (die wächst hier massenweise, sogar bei uns im Garten). Im Moment mag ich aber noch lieber das Scharbockskraut, das ist für mich immer ein Zeichen für den Frühling. Zusammen mit den ersten Brennesselspitzen :-)

    LG Nicole

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    1. Brennesselspitzen hatte ich auch am Wochenende. Scharbockskraut wächst bei mir wild im Garten - davor habe ich allerdings einen gewissen Respekt, da er mit Beginn der Blüte leicht giftig wird ;-)
      Liebe Grüße, Antje

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  2. Danke für das Rezept, ich wage mich gerade das erste Mal an die Wurzeln heran und bin sehr gespannt. Allerdings nehme ich Bärlauch anstatt der Knoblauchsraukenblätter, da habe ich noch so viel...

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    1. Lieben Dank für deinen Kommentar - der mich daran erinnert, dass ich selbst das Rezept auch unbedingt mal wieder ausprobieren sollte... Bärlauchblätter sind natürlich auch geeignet, aber ja viiiel intensiver als Knoblauchsrauke. Aber einen echten Bärlauchfan (zu denen auch ich gehöre) schreckt das ja nicht.

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